Sonntag, 3. Juni 2012

Der Zerstückeler oder: man gewöhnt sich an alles

Der Typ hat also einen Einwanderer chinesischen Ursprungs mittels eines Pickels getötet und dann diverse Sachen unternommen wo wir alle besser nichts davon wissen wollen. Definitiv nicht.

http://www.sueddeutsche.de/panorama/fahndung-nach-pornodarsteller-zerstueckler-soll-sich-in-paris-aufhalten-1.1373501

Das Problem ist, daß ich höchstwahrscheinlich an dem Müll mit dem darin liegenden Körper vorbeigefahren bin. Es liegt ja immer Müll rum in Montreal und teilweise Berge von Müll. Ich fahre auf dem Nachhauseweg vom Büro eigentlich nur zwei Routen und - ganz, ganz selten - eine dritte Alternativroute. Die eine ist über die Autobahn 720 und die andere ist über Cote-St.-Catherine. Sozusagen "Landstrasse".  Das entscheide ich so je nach Uhrzeit, wegen Verkehr, hab ichs eilig oder nicht, etc.

Aber letzte Woche bin ich meistens Cote-St. Catherine gefahren weil der "Schweinstunnel" wegen Überschwemung gesperrt war. Und da kann es durchaus sein, daß ich an dem Müllberg mit dem Torso drin, vobeigefahren bin.

Wie dem auch sei. Was mir dieser Tage aber öfter mal durch den Kopf ging, ist die Tatsache, daß hier soviele "verlorene Seelen" rumlaufen.

Z.B. sah ich jahrelang einen Typen, welcher an JEDEM ARBEITSTAG, morgens mit der U-Bahn nach NDG fuhr, dem Stadtteil in welchen ich arbeite. Ich komme da ja jeden Morgen an und treffe oft dieselben Leute wlelche dann den Bus nehmen usw. Jedenfalls kam er immer morgens zur selben Zeit an, nahm den Bus und hatte immer einen schwarzen Koffer dabei. Er fuhr dann zwei Stationen mit dem Bus, stieg aus und fütterte den Rest des Tages Tauben im Park. JEDEN TAG. Im Koffer war das Futter. Das ging jahrelang. Vor ca. 5 Jahren muß er dann wohl gestorben sein, denn seitdem ist er nicht mehr da. Der stand da geschlagene 8 Stunden und fütterte die Tauben ....................... das war sein Job. Abends fuhr er wieder mit BUS und Metro nach Hause. Jeden Wochentag.

Mittlerweile kenne ich auch einige der "Bettler", je nachdem welche Kreuzung, welcher Stadtteil usw.. Z..B. gibts den "echt netten Typ" unten auf Laurier und Rachele - ca. 10 Minuten von Uns entfernt. Der steht da JEDEN TAG zwischen 17 und 20 Uhr und  macht "seinen Job". Ein Strassenmusiker in der Metro hingegen, "verdient" ca. 4 $ pro Stunde. 40 $ am Tag x 5 Tage= 200 $ pro Woche. Nicht allzuviel also.  Leben kann man davon wohl definitiv nicht.

Unter auf Mont Royal vor dem Weinladen steht seit Jahren der selbe "Obachlose". Zwei Strassen weiter der 'Typ mit den "Maoritattoos". Der Bursche lebt seit Jahren hier auf der Strasse - so scheint es. Allerdings habe ich ihn auch schon abends in der Kneipe gesehen und da war er ganz normal. In diesem Fall scheint mir das eher ein gelungenes "Geschäftsmodell" zu sein.

Dann der Typ der hinten an meinem Büro runtergesprungen ist und Suizid begangen hat. Hab ich weitestgehend verdrängt und verarbeitet aber an das "Aufprallgeräusch" eines menschlichen Körpers auf Asphalt werde ich mich für den Rest meines Lebens erinnern.

Alter Schwede.

Mir ging das die letzten Tage im Kopf rum weil ich aufgrund meiner Arbeit, soviele Menschen mit Schizophrenie, Depression und ähnlichen Symptomen kennenlerne. Stimmen im Kopf, Verfolgungswahn, Phobien, abstruse Theorien, Wahnsinn halt. Das Ganze in sehr unterschiedlichen Abstufungen.

Und das ganze scheint sich in Einrichtungen, wie den unseren,  stark zu manifestieren da wir  öffentlich sind, einfach zugänglich, etc.















3 Kommentare:

  1. Anmerkungen zum "Wahnsinn": Wir waren mal wieder eine Woche auf dem Reisighof in Opas Häuschen. Idylle pur.... (bis auf den Staub, aber da gibts ja Staubsauger). An einem Abend haben wir in der untergehenden Sonne unter dem Kirschbaum Spargel gegessen, ein gutes Bier dazu getrunken und uns erfreut an den auf der Wiese mit dem Hund herumtollenden Kindern, anschließend haben sie (die Kinder)zusammen mit ihren Vätern ihr Nachtlager auf dem Heuboden direkt über dem Kuhstall hergerichtet ... sie haben 2 x dort übernachtet. Morgens beim Frühstück hat es schon nach Kuh usw. gestunken, aber das ist doch mal was ganz anderes, oder? Warum bringt so eine Landidylle normale Menschen hervor und keine "spinnerten"? Weil es natürlich nicht nur Spargel und Bier gibt und Sonnenuntergänge zum Weinen schön, sondern immer auch genug Arbeit und Arbeit ist gesund für Körper und Seele.
    Gruß Elisabeth

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  2. Mag sein Liese,

    aber statistisch gesehen müßte es auf dem Land genausoviele Geisteskrankheiten gehen aber eventuell gibt es für z.B. einen "Eigenbrötler" in der Dorfgemeinschaft einen besseren Halt und die Menschen sind nicht so total isoliert wie viele hier. In der Rue Cartier ist das ja total anderst, z.B. findet in zwei Wochne unsere nächste Nachbarschaftsparty statt. Hinten in der Ruelle. Jedes Jahr nehmen mehr Leute daran teil und wir kennen im Umkreis von 100 Metern tatsächlich nahezu jeden. Allerdings auch meinen einen Nachbarn von schräg gegenüber welcher sich definitiv ausgeklinkt hat (ein ehemaliger Philosophie Lehrer an der Hochschule welcher seit Jahren wie ein Obdachloser herumläuft). Aber ansonsten können die Kinder einfach mal runterlaufen zu den Nachbarn, hinten durch die überall offenstehenden Türen reingehen, etc. - das ist genial. Mein Nachbar Bruce meinte neulich, das Lili seinen Sicherheitscode an der Tür (vorne) kennen würde und somit jederzeit ins Haus kann. Den "Zerstückeler" haben sie übrigens gerade in Berlin geschnappt. Ich muß morgen mal in unserer Klientendatei nachsehen ob er (oder das Opfer) nicht vielleicht unseren Service benutzt haben. Hier ist alles möglich ..... Es lebe der Sonnenuntergang unter dem Kirschbaum.

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  3. Ueber die Verbindung zwischen Grossstadtleben und der Gesundheit des menschlichen Geistes schrieb Georg Simmel vor 110 Jahren! Viel Spass mit der akademischen Sprache des 19. Jahrhunderts :-)

    http://socio.ch/sim/verschiedenes/1903/grossstaedte.htm

    Kai

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